Du bist genau wie Deine Mutter!

Ob nun privat oder im Job - jeder streitet, und jeder kennt sie: Vorwürfe, die man sich gegenseitig an den Kopf wirft, Sätze, die herausplatzen, weil der Ärger, die Wut auf den anderen in diesem Moment enorm groß ist. Zu den absoluten Klassikern gehören:

  • immer
  • nie
  • dauernd
  • jedes Mal
  • seit Ewigkeiten

Schwammige, dramatisierende Verallgemeinerungen, die das gesamte Verhalten des Gegenübers kritisieren und keinen Spielraum für Ausnahmen zulassen. Schließlich ist der andere ja immer, nie, dauernd, jedes Mal, seit Ewigkeiten doof, gemein und ungerecht. Konkret wird es nur, wenn es darum geht, den Schuldigen zu finden. Natürlich immer der andere:

  • Du bist Schuld, dass... 
  • Du hast doch...

Damit sind Schuldzuweisungen und Rollenverteilung klar und man muss sich nicht mit eigenen Verantwortlichkeiten herumschlagen. Um noch ein bisschen mehr Schärfe in die Sache zu bringen, helfen Beschimpfungen und vor allem Vergleiche, z.B. mit unliebsamen Familienmitgliedern, Kollegen oder konkurrierenden Idealen:

  • Du bist genau wie Deine Mutter / der nervige Kollege X aus der Buchhaltung.
  • Warum machst Du es nicht wie Kollegin Y? 
  • Z hat auch gesagt, dass...
  • Früher warst Du viel aufmerksamer / motivierter.
  • Du bist echt eine Zicke / Du spinnst wohl!
  • Typisch!

Sollten danach wider Erwarten Lösungsvorschläge vom Gegenüber kommen, lässt sich der Konflikt mit fehlender Kompromissbereitschaft locker am Leben erhalten:

  • Das könnte Dir so passen.
  • Das wäre ja noch schöner.
  • Das geht nicht.
  • Das wird doch nie was.
  • Auf gar keinen Fall.
  • Ich denk nicht dran.
  • Vergiss es.

Das Gute daran: Sie werden auf einen Schlag alles los, was Sie schon immer vom Anderen gedacht, aber nie zu sagen gewagt haben. Leider gibt es auch den Katzenjammer hinterher. Ihnen tut leid, dass Sie so ungehemmt losgepoltert und den anderen verletzt haben. Oder jetzt schlecht vor der Kollegin dastehen. Am liebsten möchten Sie schließlich eine Lösung für Ihre gemeinsamen Konflikte haben, oder? Und das ist bereits der erste gedankliche Stolperstein: 

 

Sind Sie wirklich an einer Lösung interessiert? 

Oder möchten Sie „nur“ Druck abbauen oder zeigen, wer der Stärkere ist?

Verallgemeinerungen, Vorwürfe, Beschimpfungen, Vergleiche und Sackgassen-Dialoge sorgen für heiße Köpfe und Hassgefühle, verschlechtern das eigene Standing und führen zu keinen Lösungen. 

 

Im Streit müssen Gefühle auf den Tisch, sonst brodelt es weiterhin unter der Oberfläche und Aggressionen brechen irgendwann unkontrolliert hervor. Und machen aus Unstimmigkeiten handfeste Konflikte. Um aber gemeinsam gute Lösungen zu finden, braucht es eine gute, gemeinsame Sprache. Ein respektvolles Miteinander, das trotz aller Differenzen und heftigen, negativen Gefühle in der Situation Offenheit und Kompromissbereitschaft ermöglicht. 

 

Wie das geht?

Zum Beispiel, indem Sie auf die oben genannten Killerphrasen achten und versuchen diese zu vermeiden:

 

Konkrete Situationen benennen statt Verallgemeinerungen

Nennen Sie aktuelle Beispiele und kramen Sie keine „ollen Kamellen“ heraus, die längst geklärt sind. Seien Sie so konkret wie möglich, also z.B. am Montag, beim letzten Telefonat, gerade eben. Anhand konkreter Situationen können auch passende Lösungen gefunden werden.  

 

Ich-Wahrnehmung statt Du-Vorwürfen

Mit Du-Formulierungen fühlt sich das Gegenüber sofort in die Ecke gedrängt und wird sich verteidigen wollen, durch Angriff (offen oder verdeckt), Verstummen oder Entziehen (Weggehen). Nehmen Sie Ausgangspunkt bei sich selbst und formulieren Sie Ihre Wahrnehmung: Ich habe das Gefühl, dass... oder für mich sieht es so aus, dass... Das ist im ersten Schritt deutlich schwieriger als alles beim anderen abzuladen, schärft aber Ihr Bewusstsein für das, was Sie triggert und entlastet die aufgeheizte Stimmung.

 

Respekt statt Beleidigungen und Vergleichen

Auch wenn es schwerfällt: Behalten Sie den Respekt. Schreierei und Beleidigungen helfen nicht weiter. Punkt. Atmen Sie zur Not einmal kurz durch. Oder zweimal. 

 

Kompromissbereitschaft: öffnen statt verschließen

Wenn Sie nicht daran glauben, dass eine Lösung tragfähig ist, versuchen Sie es eine Nummer kleiner. Äußern Sie Ihre Wünsche. Hören Sie den Wünschen des Gegenübers zu. Setzen Sie an einem bestimmten Punkt an. Formulieren Sie beide gemeinsam, was jeder (!) konkret zur Lösung beitragen kann. 

 

Wichtig ist ein erster Schritt. Fangen Sie klein an, z.B. indem Sie auf das Wort immer achten.

Bauen Sie dann darauf auf. Es lohnt sich.